Hast Du schon mal nach einem echten Profi gesucht? Vielleicht, weil die prekäre Situation danach verlangte oder weil Du einfach nur den „Besten“ haben wolltest?
Sicherlich! … und wie erging es Dir im Dschungel der Könner? Vielleicht so?
Heutzutage kann sich ein jeder „Profi“ nennen.
Das ist kein geschützter Begriff. Betrachten wir die Worterklärung von Wiki, so ist „ein Profi – Kurzwort von veraltet Professionist – jemand, der im Gegensatz zu einem Amateur oder Dilettanten eine Tätigkeit zum Erwerb des Lebensunterhaltes betreibt.“
Das sagt zuerst mal nur, dass ein Profi davon „lebt“ was er tut, wie auch immer. Das Gleiche gilt für den Experten. Der sollte zwar neben einem überdurchschnittlich umfangreichen Fachwissen auch Straßentauglichkeit aufweisen, doch nennen darf sich so jeder. Einem selbsternannten Profi oder Experten steht also nichts im Weg. Die Begriffe sind schwammig und sagen letzten Endes nichts über die Qualität der Leistung aus.
Wie wird man denn so ein Profi? Früher, nehmen wir mal vor 30 Jahren, musste man schon durch eigene Erfahrung zum Profi werden oder eben so wie folgt:
Dazu eine unglaubliche, wahre Geschichte, die mir von meinem besten Freund erzählt wurde und sich genau so vor ca. 30 Jahren zutrug: Es geht um, ich nenne ihn mal Horst. Einen weitläufigen Bekannten, dessen wahrer Name hier nichts zur Sache tut, deshalb nehme ich ein Synonym, einen Künstlernamen, denn wahrlich, er war ein Künstler in seinem speziellen Fach. Doch mache Dir selbst ein Bild.
Obwohl er alles andere als ein Partyclown war, hatte Horst immer viele Leute um sich herum. Er hatte da eine besondere Art das Interesse seiner Mitmenschen zu wecken. Eines Abends saßen sie zusammen auf einer Party und mein Freund bemerkte, dass Horst sich ganz intensiv mit einer Gruppe Gleitsschirmfliegern unterhielt. Er war ein sehr guter Zuhörer und klebte, seinen Gesprächspartnern regelrecht an den Lippen. Dabei stellte er viele Fragen zu allen erdenklichen Details und saugte die Informationen auf, wie ein Schwamm.
Am nächsten Abend gingen sie wieder auf die Pirsch: neue Location, neue Leute, wie das eben so ist, wenn man im Alter von 20 mit einer Gruppe Gleichgesinnter in Spanien um die Häuser zieht. -Damals vor 30 Jahren – Horst war wieder dabei.
An diesem Abend ergab sich jedoch ein ganz anderes Bild. Wieder versammelte sich eine Gruppe von Unbekannten um Horst, wie am Abend zuvor. Doch ganz überraschenderweise war aus diesem unsportlichen Horst über Nacht ein Gleitschirmflieger geworden. Voller Inbrunst erzählte er seinen Zuhörern exakt in allen Einzelheiten, wie Gleitschirmfliegen geht. Also genau das, was er einen Abend zuvor selbst erst kennengelernt hatte. Die Ahnungslosen klebten, auf Grund seiner spannenden und authentisch wirkenden Geschichten an seinen Lippen. Horst war in ihren Augen ein echter Profi, ein Experte auf diesem Gebiet. Keiner aus der Gruppe hätte jemals bezweifelt, dass Horst ein erfahrener Gleitschirmflieger war. Soweit die Geschichte von Horst.
Das „Profi- oder Experte-Werden“ hat sich gewandelt, wie so vieles andere auch. Wie gesagt, vor 30 Jahren war ein Weg über die eigenen Erfahrungen oder eben, wie in der Geschichte ein zeitraubendes, persönliches Gespräch notwendig um „Profi zu werden“ bzw. „profi-anmutende“ Informationen zu erlangen.
Heute ist der Weg, der eigenen Erfahrungen, immer noch der mühsame, weil nach wie vor Zeit und oft auch Geld investiert werden müssen. Erfahrungen müssen erst einmal gemacht werden. Also „Mittendrin, statt nur dabei“, was auch der der Slogan des Fernsehsenders DSF (2000) ist, der auch hier seine Gültigkeit hat.
Dafür geht aber der andere Weg umso leichter. Denn heute sind wir nur einen Mausklick entfernt, vom Profi-tum: im Internet steht alles. Wer da weiß, wo oder bei wem er/sie suchen muss, der hat ganz schnell die notwendigen Informationen zusammen um sein Gewerbe als „Experte“ anmelden zu können. Er/sie ist dann zwar ein „Profi ohne Profil“, doch das muss ja erst mal einer merken.
Bis dahin wird abgekupfert was das Zeug hält.
Webseiten, Blogs und Printmedien werden gefleddert, Seminare in eine andere Sprache übersetzt und einfach umge“labelt“. Dass es dabei nicht selten vor kommt, dass die Inhalte, weil aus dem Kontext herausgerissen oder einfach nicht verstanden, in einem völlig falschen Zusammenhang wiedergegeben werden, ist vorprogrammiert. Damit wird dann auch „Falsches“ verbreitet und gelehrt.
Wissen wie es geht oder gehen könnte, weil man es mal irgendwo gelernt oder gelesen hat ist eben nur die halbe Miete. Wenn die eigenen Erfahrungen ausbleiben, man diesen Weg selbst nie gegangen ist, dann kann man anderen nicht erklären wie es geht. Das würde bedeuten, man nimmt Fahrunterricht bei jemandem, dessen einzige Ausbildung es war, sich zuvor ein YouTube-Video zum Thema Autofahren angeschaut zu haben. Freiwillig würde keiner zu diesem Fahrlehrer ins Auto steigen, denn es würde nicht nur bedeuten, dass Du das Autofahren nicht richtig lernen würdest, sondern es wäre auch gefährlich.
So und jetzt hoffst Du natürlich, dass Du einem solchen „Profi ohne Profil“ nicht auf den Leim gehst – stimmt´s?
Woher weißt Du also, ob es sich um einen echten Profi handelt oder um einen „Profi ohne Profil“? Ganz ehrlich? Die Antwort wird Dir nicht gefallen, doch sie ist die Wahrheit: Du wirst es erst einmal nicht erkennen. Denn je besser der „Profi ohne Profil“ seine Rolle spielt, desto schwieriger ist es, ihn/ sie als das zu entlarven, was er/sie ist, ein Blender.
Aber ein Trost bleibt Dir, wenn auch ein schwacher. Du lernst viel aus dieser Erfahrung! Garantiert mehr, als der „Profi ohne Profil“ lernt. Denn während er/sie weiter in seiner „So-tun-als-ob“-Rolle verharrt, wächst Du, durch die Erfahrungen, die Du gemacht hast, vielleicht ganz nebenbei, zu einem echten Profi heran, ohne Gewerbeanmeldung.
Also, keine Scheu, auf ins Getümmel und verinnerliche: „Mittendrinn, statt nur dabei“.
Deine Stefanie
Re-Evolution-Code